Teufelszeug und Köstlichkeit – wie der Mensch auf den Pilz kam

Pilze werden heute sie als gesundes und köstliches Lebensmittel sowie als Fleischersatz geschätzt. Für lange Zeit hat man sie jedoch ins Reich der Hexen, Teufel und Geister verbannt, sie galten als Träger geheimer Kräfte. Es umhüllte sie eine Aura des Mysteriösen – nicht zuletzt aufgrund ihrer zum Teil recht auffälligen Farben und Formen. Schon seit jeher haben Pilze den Menschen fasziniert. Dass sie heute so selbstverständlich zu unserer Ernährung gehören, wäre für lange Zeit unvorstellbar gewesen. Vielen Menschen waren sie nicht geheuer. Sie waren weder Pflanze noch Tier, wuchsen häufig im Verborgenen und traten in vielen unterschiedlichen Farben und Formen – vor allem sehr plötzlich – an verschiedenen Stellen auf. Und sie verschwanden zum Teil genauso schnell wieder, wie sie gekommen waren.

„Werkzeuge von Hexen und Zauberern“

In der Antike galten sie als Gärungsprodukt der Erde nach Regenfällen, oder als teuflisches Enzym der Erde. Sie wurden als Werkzeuge von Hexen und Zauberern gesehen. Und so verbannte man sie aus der gewohnten in eine Welt voller seltsamer Wesen, Zwerge und Elfen. Die sogenannten Hexenringe standen im Verdacht, Spuren dunkler Aktivitäten von Hexen oder Elfen zu sein. Zu unheimlich waren vielen die in einem Halbkreis oder Kreis stehenden Pilz-Fruchtkörper, die dadurch entstehen, dass das Myzel eines Pilzes in alle Richtungen gleich schnell wächst.

Viele Pilzarten sind noch unentdeckt

Heute wissen wir schon sehr viel mehr über das faszinierende Reich der Pilze. Wissenschaftler:innen vermuten, dass es weltweit rund 2,2 bis 3,8 Millionen Pilzarten gibt. Wissenschaftlich beschrieben sind von diesen jedoch erst etwa 120.000 Pilzarten. Dem Welt-Pilzbericht von Kew Gardens zufolge werden jährlich rund 2000 neue Arten entdeckt. Früher ordnete man Pilze dem Reich der Pflanzen zu. Aber sie können keine eigene Fotosynthese betreiben. Heute sieht man sie daher näher am Tierreich. Wie diese ernähren sich Pilze durch die Aufnahme organischer Substanzen, die sie in gelöster Form aus der Umgebung aufnehmen.

In Symbiose mit Landpflanzen

Bekannt ist inzwischen auch, dass sich der weitaus größere Teil des Pilzes unter der Erde befindet – in Form von fadenartigen Zellen, die zusammen das sogenannte Myzel bilden, das Pilzgeflecht. Das, was wir als „Pilz“ bezeichnen, ist der oberirdische Fruchtkörper. Mit ihren Hyphen dringen manche Pilze – die Mykorrhizapilze – in die Wurzelzellen von rund 90 Prozent aller Landpflanzen ein oder umschlingen diese für eine Win-Win-Situation: Der Pilz liefert mineralische Nährstoffe an die Pflanze, diese versorgt den Pilz mit Zucker aus der Fotosynthese, die er selbst nicht betreibt.

Vielfältiger Einsatz

Inzwischen hat sich das Image der Pilze komplett gewandelt. Wissenschaftler:innen sprechen Pilzen ein enormes Potenzial zu. Sie sind Grundstoff für Medikamente wie Antibiotika, reinigen verseuchte Böden, können Krankheiten heilen oder lindern und dienen als Baustoff. In der Lebensmittelindustrie unterstützen sie Bäcker:innen, Brauer:innen, Winzer:innen und andere Lebensmittelproduzent:innen bei ihrer Arbeit – Hefepilze sind an der Herstellung unter anderem von Brot, Bier und Wein beteiligt.

Lebenswichtige Nährstoffe für den Mensch

Heute weiß man: Pilze versorgen uns mit lebenswichtigen Mineralstoffen, Vitaminen und Spurenelementen. Sie sind hochgeschätzte Eiweißlieferanten und sehr kalorienarm, dazu wunderbar aromatisch und in der Küche absolut vielseitig verwendbar – zunehmend als idealer Fleischersatz für Vegetarier und Veganer. Speisepilze wie Champignons und Co. bereichern unser tägliches Leben, und sind – im Großen betrachtet – doch nur ein winziger Ausschnitt aus einer Bandbreite von Eigenschaften und Möglichkeiten, die das Reich der Pilze mit sich bringt.